Wir gehen den blaugelben Weg weiter!“
Martin Scherb, erstmals Gratulation zum fünften Platz. Wie fällt das grundsätzliche Resümee nach einem Jahr ADEG Erste Liga aus? Naturgemäß positiv. Wir sind mit dem Ziel Klassenerhalt in die Saison gestartet und haben dies souverän erreicht. Nach dem hervorragenden Herbstdurchgang, haben wir im Frühjahr dann unsere Erwartungen aber natürlich ein wenig nach oben korrigiert und einen Top 6 Platz (dadurch hat man nächstes Jahr ein Heimspiel mehr; Anm. d. Red.) ins Visier genommen – auch dens haben wir erreicht!
Bester Aufsteiger wurde man auch … Ja – auch das freut uns! Wenn man sieht mit welchem Budget und welchen arrivierten Spielern unsere Mitaufsteiger gearbeitet haben, ist die Leistung unserer Mannschaft noch höher einzuschätzen.
Im Herbst stand man für einige Zeit ja sogar an der Tabellenspitze. Einige Fans träumten bereits vom Durchmarsch – wäre der möglich gewesen? Das war eine tolle Geschichte, ganz Fußball-Österreich hat sich plötzlich wieder für den St. Pöltner Weg und Fußball interessiert. Es war aber nur eine Momentaufnahme, die wir genossen haben, für eine dauerhafte Spitzenposition in dieser starken Liga sind wir – wie wir auch immer betont haben – noch nicht so weit.
Dieser angesprochene St. Pöltner Weg ging ja in den letzten beiden Jahren steil nach oben. Eine kurze Analyse bitte!
Eigentlich unfassbar! Im Frühjahr 2007, als Christoph Brunnauer als Manager und ich als Cheftrainer bei einem Mittelständler in der Regionalliga Ost (7.Platz; Anm. d, Red.) die sportliche Verantwortung übernommen haben, spielten wir das erste Spiel in Schwechat vor 200 Zuschauern. Jetzt spielen wir vor 5.000 Leuten im EURO-Stadion auf dem Tivoli oder im Derby beim FC Magna in Wr. Neustadt.
Was ist ihr Erfolgsgeheimnis?
Geheimnis gibt’s eigentlich keines. Es ist das Gesamtprodukt klarer Strukturen im Verein. Auf der einen Seite eine wirtschaftliche Abteilung, die für die Rahmenbedingungen zuständig ist. Auf der anderen eine sportliche Leitung unter meiner Führung, wo wir mit Michael Schadinger, Christoph Reisinger und Ernst Scherr, ein ausgezeichnetes Trainerteam haben, das gemeinsame Ziele und deren Umsetzung konsequent verfolgt. Dazu junge Spieler aus der AKA St. Pölten NÖ, die hungrig auf Erfolg sind, und wenige arrivierte Spieler, die sich aber zu 100% mit dem Verein und St. Pölten identifizieren.
Im Frühjahr gab es kleinen Einbruch. Gibt’s eine Erklärung?
Das hatte mehrere Gründe. Zum einen verloren wir mit Mirnel Sadovic einen unserer absoluten Qualitätsspieler. Wir haben uns auf Grund der guten Tabellensituation und der wirtschaftlichen Situation des Vereines entschieden, diese Position intern zu besetzen. Dadurch sollten Spieler wie Christopher Frank, Florian Zellhofer und einige andere vermehrt Spielpraxis bekommen und an das ADEG Liga Niveau herangeführt werden. Zum anderen wurden wir im Frühjahr von einer Verletzungs –und Krankheitsserie heimgesucht, durch die von einem 26 Mann Kader abwechselnd 20 Spieler zwischen 2 und 3 Wochen ausgefallen sind. Ein weiterer Grund war sicher der Spannungsabfall nach dem frühzeitigen Erreichen des Saisonzieles Nichtabstieg. Die Spieler bzw. deren Psyche nahmen sich nach zwei Jahren permanenter Anspannung und Höchstleistung eine mentale Auszeit. Die daraus resultierende Schwäche, vor allem bei den Auswärtsspielen, sehen wir im Trainerteam einerseits als Herausforderung, um für solche Situationen in Zukunft noch besser gerüstet zu sein, andererseits auch als Lerneffekt für die Spieler an. Ich bin überzeugt, dass durch diese negativen Erfahrungen – so schmerzhaft sie für uns , als auch für unsere treuen Fan sind – Routine gesammelt und die Entwicklung der Spieler zu Vollprofis vorangetrieben wird. Dazu kommt, dass wir nach den Amateurteams die jüngste Mannschaft der Liga gestellt haben, trotzdem Fünfter wurden. Und Formschwankungen bei 17 bis 19-jährigen Spielern eigentlich noch normal sind.
Aber gerade diese jungen Spieler haben im letzten Jahr aufgezeigt, oder?
Ganz genau. Lukas Thürauer wurde von Schirmherr Herbert Prohaska und U21-Teamchef Andreas Herzog zum Youngster des Jahres gekürt. Robert Gruberbauer schaffte den Sprung ins U21-Nationalteam. Und Michael Ambichl, der einige Mal „Benjamin der Runde“ war, ist im Kader von Andreas Herafs U19-Team. Wie übrigens auch Georg Gravogl, der ja von der Akademie zu uns stoßen wird.
Wir gehen unseren Weg weiter d.h. wir bieten wieder sieben sehr talentierten Spielern aus der erfolgreichen U19 Mannschaft der AKA St. Pölten NÖ, die ja heuer Österreichischer Bundesmeister wurde, die Chance sich im Profifußball zu beweisen und zu etablieren. Dazu müssen wir es schaffen den Abgang von Thomas Nentwich, der nicht nur als Spieler, sondern als Mannschaftsleader eine Lücke reißt, adäquat zu ersetzen. Diese Aufgabe ist aber auf Grund, der bescheidenen wirtschaftlichen Mittel, sehr schwierig, wir stehen derzeit mit mehreren Akteuren in Verhandlungen. Weitere Verstärkungen betreffen vor allem die Außenbahnen. Unser Spiel ist zu sehr von Lukas Thürauer abhängig. Da wollen wir variabler und schwerer ausrechenbar werden. Deshalb haben wir mit Jiri Lenko einen Spieler verpflichtetet, der für die linke Außenbahn vorgesehen ist. Dazu mit Martin Dorner, einem gebürtigen Ternitzer, einen offensiv vielseitig einsetzbaren Spieler. Möglicherweise kommt auch noch ein weiterer Stürmer dazu um die Verantwortung des Tore schießen auf mehrerer Schultern bzw. Beine verteilen zu können. Wir – Sportmanager Christoph Brunnauer und ich – hoffen bis zum Trainingsauftakt am 15. Juni mit der Kaderzusammenzustellung fertig zu sein.
Mit welchem Ziel geht man in die neue Saison?
Da gibt es mehrere. Auf der einen Seite wieder einen Tabellenplatz unter den Top fünf zu erreichen. Andererseits die Leistungen junger Spieler wir Lukas Thürauer, Robert Gruberbauer, Mirnes Becirovic, Florian Zellhofer, Michael Ambichl, Peter Brandl und vieler mehr, zu stabilisieren und unsere neuen jungen Wilden aus der AKA schnellst möglich zu integrieren.
Glauben Sie, dass sich das St. Pöltner Publikum, welches ja traditionell kritisch und Erfolg fordernd ist, auf die Dauer damit zufrieden gibt?
Es wird nicht anders gehen. Der SKNV wird sich keinem Mäzen, der das Vielfache unsers derzeitigen Budgets zur Verfügung stellen könnte, ausliefern, sondern immer versuchen eigenständig zu bleiben. Wenn man bedenkt, dass wir in dieser Saison ein Budget von ca 1,8 Mio € hatten und damit unter den letzten drei Mannschaften im Geldranking waren, ist die Leistung der Mannschaft noch höher einzuschätzen. Wer nachhaltigen, und nachhaltig bedeutet langfristig und stabil, Spitzenfußball in St. Pölten haben will, muss entwickeln und entwickeln bedeutet auch Rückschläge in Kauf zu nehmen. Wichtig ist, dass die generelle Kurve nach oben zeigt, und das wird sie, dafür arbeiten und stehen wir.
Und mit diesem Wissen ist, so glaube ich, auch jeder Fan gern dabei, der ehrlichen Offensivfußball einer jungen, dynamischen und temperamentvollen Mannschaft lieber sehen will, als taktisches Geplänkel einer zusammengekauften Söldnertruppe. Aber mittelfristig will man ja in die tipp3-Bundesliga, oder?
Natürlich. Aber das kann nur im Zusammenwirken von Wirtschaft und Sport funktionieren. Ohne eine langfristig, abgesicherte finanzielle Basis wäre es ein zu hohes Risiko und der Aufstieg zwar schön, aber die tipp3-Bundesliga nur von kurzer Dauer. Das kann nur gemeinsam mit dem Sportland NÖ, der Sportstadt St. Pölten und einigen Premium Sponsoren gelingen. Gerade der SKNV verkörpert und lebt Heimatverbundenheit und Bodenständigkeit mit dem Bundesland NÖ und seiner Hauptstadt St. Pölten. Zwei Drittel der Spieler stammen aus NÖ und der AKA St. Pölten NÖ, das kann sonst kein Verein im rotweißroten Profifußball von sich behaupten. Eine positive und ausgewogene Bündelung der wirtschaftlichen Kräfte vorausgesetzt, sehe ich dieses Ziel in einigen Jahren realistisch.
Apropos heimischer Profifußball, wie beurteilen Sie die aktuelle Diskussion um diverse Ligaformate?
Nur mit einem weinenden Auge. Man muss ich vorstellen, wir haben in 10 Tagen Trainingsstart, die Liga beginnt bereits am 14. Juli und es ist bis jetzt nicht wirklich bekannt, ob es in der kommenden Saison bei einer Zehnerliga ab 2010/2011 mit den Amateurteams von RB Salzburg und der Austria zwei Fixabsteiger gibt oder bei einer 16er Liga ab 2010/2011 es gar keinen Absteiger gibt. Dazu die aberwitzige Idee von der Abschaffung der Regionalligen. Planungssicherheit und Kontinuität sieht anders aus.
Abschließend, was wünschen Sie sich für die kommende Spielzeit?
Vor allem viele Zuschauer, die unseren NÖ Weg hier in St. Pölten, der Identifikation mit jungen, talentierten und dynamischen Spielern mitgehen, die die Mannschaft in schwierigen Phasen unterstützen und durch Offensivfußball verwöhnt werden.