von 1886 » 06.11.2017 01:59
Auch gegen Lausanne waren beide im Einsatz. Bajrami über 90 Minuten und gab den Assist zum 1:0. Pusic kam in der 55. Minute und holte den Elfmeter zum 2:0 raus. Nachfolgend noch 2 Zeitungsberichte über Nedim Bajrami
Redeverbot für das Talent
Nedim Bajrami hat gerade wieder einmal 90 Minuten Erwachsenenfussball gespielt, als der 18-Jährige mit Schwung die Treppenstufen im Bauch des Letzigrunds nimmt. Er weiss, es ist ihm eine gute Partie gelungen. Noch eine kurze Strecke an den Journalisten vorbei, dann ist er in der Garderobe. So weit kommt er nicht. Auf die Frage, ob er noch Zeit für Fragen habe, winkt er und macht kehrt. Das Winken soll sagen: «Einen Moment, bitte.» Wieder geht es die Treppe runter auf das Feld, dort steht der GC-Medienchef. Bajrami fragt, ob er Fragen beantworten dürfe. Die Antwort ist Nein, noch ein bisschen damit warten – das Credo von GC ist: Die Jungen muss man ein bisschen vor sich selbst schützen.
Je nach Interpretation könnte das Redeverbot einem nahelegen, dass die fussballerischen Fähigkeiten bei Bajrami schneller gewachsen sind als jene die Persönlichkeit betreffend. Das wäre zynisch, vor allem aber falsch. Denn neben dem Feld macht der junge Mann einen besonnenen Eindruck. Auch wenn GC ihn von den Medien abschirmt, hat er Umgang mit ihnen und kennt Auftritte vor der Kamera. Bajrami war Protagonist der SRF-Dokumentation «Morgen sind wir Champions». Dort wurde er auf seinem Weg zum Profifussballer begleitet.
Das Lob von Trainer Yakin
Bajrami spricht überlegt und wirkt geerdet – auch wegen seines Umfelds. Sein Vater ist Heizungsmonteur und sagt von sich, dass er gerne länger die Schule besucht hätte, vor allem aber ist ihm die sportliche (und nicht die finanzielle) Entwicklung der Karriere seines Sohnes wichtig. Diese ist ganz ansprechend. Als Sechsjähriger begann er in Regensdorf Fussball zu spielen, seit diesem Jahr ist er im Profikader von GC und seit dem Sommer Stammspieler. Das hat sich auch nicht geändert, als Murat Yakin Trainer wurde.
Dieser lobt Bajramis Spielverständnis und Geschwindigkeit: «Er versteht auf Anhieb, was ich ihm sage.» Was Yakin nicht sagt: Bei anderen Spielern muss er seine Ideen mehrmals erzählen, bis sie greifen. Anfang Saison spielt Bajrami noch als Sechser im Zentrum, seit Basic’ Rückkehr hat ihn Yakin leicht nach rechts geschoben. Basic gibt dem GC-Spiel Stabilität und mehr Physis, seine Präsenz tut den Zürchern gut.
Ein selbstbewusstes Schlitzohr
Doch auch Bajrami ist auf rechts ein Gewinn. Er hilft mit seinem Tempo gegen Lausanne, das Spiel zu entscheiden. Er prescht auf seiner Seite nach vorne und flankt, nach einem Abpraller trifft Jeffren. Kurz darauf hat er gar noch die Chance auf sein zweites Meisterschaftstor. Er umläuft bereits den Torhüter, hat aus spitzem Winkel das leere Tor vor sich und schiesst, doch entweder ist das Gras zu hoch oder der Schuss zu schwach. Der Ball verhungert, ein Verteidiger verhindert den Treffer.
Bajrami wirkt selbstbewusst, und in ihm wohnt ein Schlitzohr. Vielleicht deshalb sagt Captain Vilotic, eine seiner Aufgabe sei es, sich um die Jungen wie Pusic, Zesiger oder Bajrami zu kümmern und zu schauen, dass sie nicht übermütig werden, dass sie es «nicht übertreiben».
In der SRF-Doku wird Bajrami schliesslich auch zu seinen Träumen befragt. Er antwortet: «Ich will Stammspieler werden und dann ins Ausland gehen, vielleicht Deutschland, also mal schauen, woher meine Angebote kommen, wenn ichs schaff.» Punkt eins hat er geschafft, Punkt zwei ist auf dem Weg. Die Angebote werden kommen.
tagesanzeiger.ch
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