von joainho » 02.03.2007 20:20
Wien – So schnell kann es im Fußball gehen. Mitte Dezember, bei seinem letzten Sport1-Interview, war Andreas Ibertsberger noch einigermaßen ratlos.
Nach einer veritablen Negativserie war der Salzburger mit seinem SC Freiburg in akute Abstiegsgefahr geraten. Die Reaktion des Vereins: Das Ende der 16-jährigen Ära von Trainer-Urgestein Volker Finke am Saison-Ende wurde beschlossen.
6 Siege und 1 Unentschieden in 7 Spielen später schaut die Welt im Breisgau ganz anders aus. Existenzkampf war gestern, der Traum vom Aufstieg ist heute.
Und am kommenden Wochenende wird sich wohl endgültig entscheiden, ob Freiburg zum ganz großen Coup in der Lage sein kann.
Am Wochenende „Endspiel“ gegen Duisburg
Mit drei Punkten im Heimspiel gegen den Dritten Duisburg könnte man der Erfolgsserie nicht nur einen weiteren Meilenstein hinzufügen, sondern den Rückstand auf einen Aufstiegsplatz auf magere 5 Punkte minimieren.
Ibertsberger warnt im Sport1-Interview jedoch vor übertriebener Euphorie. Getreu dem aktuellen Freiburger Motto „Wir schauen von Spiel zu Spiel“ meint er: „Wir dürfen momentan nicht vom Aufstieg reden, das wäre ein großer Fehler.“
„Ein bisschen traurig“ findet er, dass Toni Polster ihm nach dem ÖFB-Comeback gegen Malta geraten hat, lieber Surfer zu werden als Fußballer zu bleiben...
Sport1: Letzten Dezember warst du ob der sportlichen Talfahrt des SC Freiburg noch relativ ratlos. Deine Laune dürfte sich extrem gebessert haben...
Andreas Ibertsberger: Das kann man sich vorstellen! Wir sind von hinten weg, und eine kleine Hoffnung nach vorne haben wir noch...
Sport1: Wobei das Wort „Aufstieg“ bei euch als Tabu-Wort gilt, oder?
Ibertsberger: Momentan schon. Ich glaube, momentan dürfen wir nicht davon reden, das wäre ein großer Fehler. Denn es müsste schon sehr viel passieren, damit das noch klappt. Momentan geht es darum, von Spiel zu Spiel zu schauen. Bislang ist diese Strategie auch aufgegangen. Wer weiß, was passiert, wenn wir so weitermachen...
Sport1: Woran kann man den Erfolgslauf festmachen?
Ibertsberger: Schwer zu sagen: Als es schlecht lief, war es auch unerklärlich. Wir hatten gut gespielt, aber keine Punkte mitgenommen. Jetzt ist es genau anders rum. Wir haben jetzt das Glück auf unserer Seite, denn in einigen Spielen ist es sehr knapp hergegangen, aber für uns ist es gut ausgegangen.
Sport1: Das 5:4 gegen Aue im letzten Spiel war der helle Wahnsinn. So eine Partie erlebt man nicht oft...
Ibertsberger: Also ich glaube, es gibt wenige, die solch eine Partie schon erlebt haben. Ich jedenfalls nicht. Aber diese Partie ist ein perfektes Beispiel dafür, wie es bei uns derzeit läuft. Gegen 1860 München hätten wir zur Halbzeit eigentlich auch hinten liegen können, gewinnen aber noch 3:0. Nach ein paar Siegen kommt jetzt natürlich auch das notwendige Selbstvertrauen dazu. Momentan schaukeln wir uns von Spiel zu Spiel weiter.
Sport1: Kann eure Aufholjagd auch an eurer Mentalität liegen, immer auf Sieg zu spielen – hopp oder dropp?
Ibertsberger: Das wäre übertrieben, wir spielen schon auch kontrolliert und nicht nur hopp oder dropp. Offensiv gespielt und viele Chancen herausgearbeitet haben wir vorher auch schon, jetzt schießen wir halt die notwendigen Tore. Hinten reinstellen war noch die die Freiburger Spielweise.
Sport1: Der Beginn des Erfolgslaufs fällt ungefähr mit der Ankündigung, dass Trainer Volker Finke am Saison-Ende abgelöst wird, zusammen. Ist das Zufall oder legt ihr euch für ihn noch ein wenig mehr ins Zeug?
Ibertsberger: Ich glaube, dass das eher Zufall ist. Es ist aber wirklich witzig, dass wir zu dem Zeitpunkt, wo das entschieden wurde, unsere Erfolgsserie gestartet haben.
Sport1: Wie ist die Stimmungslage in Freiburg: Gibt es Stimmen, die den Verbleib von Finke fordern?
Ibertsberger: In den Medien gibt es viele Abstimmungen, ob er bleiben soll oder nicht. Soviel ich weiß, ist das Thema jedoch durch, und es wird nicht mehr an der Entscheidung gerüttelt – auch wenn wir vielleicht sogar noch aufsteigen würden, woran ich wie gesagt jedoch noch gar nicht glauben möchte. Im Moment wird das Thema hauptsächlich von dem Medien aufgebauscht, weil wir gewinnen. Laut Vorstand wird er jedoch gehen, egal was kommt.
Sport1: Am Wochenende steht ein sehr richtungsweisendes Spiel an. Wenn ihr den Dritten Duisburg schlägt, seid ihr auf jeden Fall bis auf fünf Punkte an einem Aufstiegsplatz dran...
Ibertsberger: Stimmt, diese Partie wird zeigen, in welche Richtung es geht. Auch bei einem Unentschieden wäre noch alles drinnen, aber wenn ein Sieg herausschaut, werden wir klarerweise wieder leichte Ambitionen nach vorne haben. Aber diese Rechenspiele sind jetzt egal: Wir müssen uns gut auf die Partie einstellen – und holen hoffentlich drei Punkte, nur darum geht es.
Sport1: Eine der brisanteren Partien, seit du in Freiburg bist?
Ibertsberger: Klar, auf solche Spiele freut man sich besonders. Es werden sicher einige Leute Lust haben, ist Stadion zu kommen, die sonst nicht da sind. Es geht gegen einen direkten Gegner um den Aufstieg, daher steht viel am Spiel. Also gehe ich davon aus, dass wir eine klasse Stimmung im Stadion haben werden. Hoffen wir, dass es zu unseren Gunsten ausgeht.
Sport1: Kurzer Themen-Wechsel zum Nationalteam: Nach deinem Comeback gegen Malta gab es einige kritische Stimmen. Toni Polster hat dir geraten, lieber Surfer als Fußballer zu sein. Unfair?
Ibertsberger: Ich habe nicht viel gelesen, aber diese Aussage habe ich mitbekommen. Die war ja fast schon lustig... Im ersten Moment habe ich gelacht, aber eigentlich finde ich es ein bisschen traurig. Ich habe nur ein einziges Mal, beim Abschluss-Training, mit der Mannschaft trainieren können. Es war grundsätzlich keine Wahnsinns-Partie, zudem ist viel über rechts gelaufen. Dass ich dann so negativ abgestempelt werde, verstehe ich nicht ganz. Aber gut, damit muss man als Fußballer leben.
Sport1: Gegen Ghana und Vize-Weltmeister Frankreich gibt es Gelegenheit, sich zu rehabilitieren...
Ibertsberger: Auf diese beiden Partien kann man sich wirklich freuen! Ich denke, das sind Gegner, wo wir von Haus aus ein bisschen besser aussehen können.