von Metmaner » 12.07.2010 21:59
Nun, da die WM vorbei ist, möchte ich abschließend nochmal meinen persönlichen Senf dazugeben und meine Eindrücke schildern, nicht aber von den Mannschaften oder Leistungen einzelner, sondern von allem drum herum, von Organisation bis Schiedsrichter - sonst könnte man hier ja seitenweise Mannschaften erklären und analysieren.
Es war schön zu sehen, dass es Südafrika geschafft hat eine Weltmeisterschaft auf die Beine zu stellen und das sie rechtzeitig mit den Stadien fertig geworden sind. Die Stadien waren schön und auch der Rasen meist in gutem Zustand. Das Problem der mangelnden Sicherheit hat man nicht erkennen können, denn es war bei jedem Spiel ausreichend Personal dabei, welches seine Aufgabe sehr gut gemeistert hat. Südafrika hat sich also als würdiger Gastgeber erwiesen und es hätte mich sehr gefreut, wenn deren Nationalmannschaft noch ein wenig weitergekommen wäre, was bei dieser Gruppe aber eigentlich unmöglich war von vornherein.
Wer sich für mich persönlich in ein sehr schlechtes Licht gestellt hat bei dieser WM war auf jeden Fall die FIFA. Ich halte immer weniger von diesem großen Verband, weil sie sich immer unbeliebter machen. Südafrika hat sich bei den Kosten für die Stadien wohl ein bisschen unterschätzt und hat insgesamt bei dieser WM einen finanziellen Verlust erlitten, was gerade diesem Land natürlich nicht zu Gute kommt. Die FIFA kassiert durch Fernseh-, Werbe- und Allerweltsverträge über Milliarden € und kann diesem Land nicht das Geld geben, damit die wenigstens den Verlust kompensieren können? - Das ist wirklich ganz schwach, was die FIFA da zeigt. Zudem kommt ja, dass man nicht sagen kann, dass die erbauten Stadien eine Zukunftsinvestition sind, denn für den Fußball in Südafrika wird sich nach dieser WM nichts verändern.
Auch die auffallend schlechten Schiedsrichterleistungen sind sehr schön auf den Verband zurückzuführen. Wer eben meint, er müsse aus jedem witzigen Land einen Schiedsrichter mitnehmen, der muss ja völlig blöd sein. Es ist doch logisch, dass ein Schiedsrichterteam aus Usbekistan niemals das Niveau eines deutschen Schiedsrichtergespanns hat. Klar darf man keine Länder bevorzugen bei so einer Auswahl, aber es wäre ja im Sinne des Fußballs und Schiedsrichter die in internationalen Top-Ligen aktiv sind, sind da einfach besser geeignet. Was zB die Linie eines Schiedsrichters angeht kann das ja völlig egal sein, aus welchem Land derjenige kommt, aber man hat deutlich gemerkt, dass die "guten" Schiedsrichter wesentlich besser Abseits gesehen und gepfiffen haben, dass war ja bei einigen anderen Kollegen wirklich unter aller Sau. Und was einige lustige rote Karten angeht: Ein Werk der FIFA. Urs Meier hat das mal schön gesagt. Voraus geht das Beispiel des nicht geahndeten Ellenbogenchecks im Spiel der USA und schon beruft die FIFA am selbigen Tag ein Schiedsrichtertreff. Die Szene wird gezeigt und es wird eindeutig betont, dass man bei jeglicher Art von Ellenbogeneinsatz die rote karte zücken müsse, damit sowas nicht mehr passiert. Am nächsten Tag ist es dann soweit: Gourcouff mit einem Mini-Ellenbogeneinsatz und schon gibts die rote Karte. Dann ist gleich der Schiedsrichter schuld, aber wie soll er denn anders handeln, wenn er es sieht und pfeifft und an das Treff vom Abend davor denkt? - Das nur als ein Beispiel.
Das Ganze führt dann natürlich zu der jährlichen Diskussion: Chip im Ball? Videobeweis? - Ich bin von sowas ja kein Freund, da der Fussball von genau dieser Dramatik lebt. Die Videobeweis kam ja hauptsächlich auf, weil viele Abseits-Fehlentscheidungen getroffen wurden und ich bin der Meinung, dass ein gutes Schiedsrichtergespannt das ganze so im Zaum halten kann, dass so eine Diskussion nicht aufkommt. Ich kann mir den Videobeweis einfach nicht vorstellen, bin mal gespannt ob das was wird. Zu dem Chip im Ball...vielleicht passt es ja perfekt rein in den Jabulani, ein perfekter runder Ball mit einem integrierten Chip und eigener Flugfunktion. In ein paar Jahren hat der Ball eine integrierte Kamera, damit man das Spiel aus der Sicht des Balles verfolgen kann. Ich will einfach einen alten guten Lederball!
Zu all dem kommen natürlich auch noch der tolle ADIDAS-Flatterball und diese nervigen Vuvuzelas. Früher hat man es immer geschafft einen guten Ball herzustellen und jetzt versucht man plötzlich über höchste Technologie den rundesten Ball den es jemals gab zu kreiren und mit welchem Nebeneffekt? - Er flattert. Am Anfang hab ich das ganze eigentlich nur als Gag verstanden, da es genau meist die Spieler waren, die bei Nike unter Vertrag standen und sich beschwert haben, aber man hat es ja sowas von oft gesehen, wie eklig dieser Ball flattert. Der Schuss von Schweinsteiger auf den uruguayischen Torwart zB. Klar war es vielleicht auch Unvermögen seitens des Keepers, aber in der Zeitlupe hat man ja gesehen, dass der Ball ganz unangenehme Bewegungen drinnen hatte und ich bin der Meinung, dass genau das Schuld war. Ich versteh nicht, warum man nicht einfach die Fußbälle wieder normal herstellt und dann passiert da auch nichts weiter, aber es heißt ja, dass ADIDAS den Ball mit Absicht so gemacht hätte, damit mehr Tore fallen. Kann mir aber auch nicht wirklich vorstellen, dass da was dran ist.
Zu dem ganzen Vuvuzela-Hype kann ich eigentlich nur sagen, dass das ja schöne afrikanische Tradition ist, aber mir persönlich überhaupt nicht gefällt. Lieber Fangesänge, als dieses Gehupe, was ja nicht nur schlecht für die Ohren, sondern auch für die Luftröhre ist.
Was bei dieser WM natürlich auch sehr auffällig war, war dieses zwanghafte Anpassen der Mentalitäten, was mir ebenso überhaupt nicht gefällt. Bestes Beispiel sind für mich einfach die afrikanischen Mannschaften, denn nur eine der afrikanischen Mannschaften hatte einen afrikanischen Trainer und genau die sind am weitesten gekommen und hätten noch mehr schaffen können. Die afrikanischen Teams versuchen immer mehr europäische Trainer zu haben, damit man auch dieses taktische und disziplinierte reingedrückt kriegt und dann mehr Chancen hat, aber ich bin da ein absoluter Gegner von - v.a. bin ich aber der Meinung das europäischer Trainer die Mentalität der Afrikaner oder Asiate auch nicht verstehen können. Bestes Beispiel für diesen Taktik-Wahn war für mich Brasilien, die mMn einfach kein gutes Turnier gespielt haben. Zu ihren Glanzzeiten haben sie die Titel auch gewonnen, in dem sie die Welt verzaubert haben, also warum nicht mehr?
Was ich auch sehr krass fand, war das eigentlich alle Mannschaften mit einem 4-5-1 System gespielt haben. Dieser Trend ging ja 2006 schon ein bisschen rum und 2008 auch, aber das er sich jetzt so durchgesetzt hat finde ich sehr schade. Ein 4-5-1 ist mit Sicherheit taktisch gesehen am schlausten, v.a. wenn man erstmal hinten dicht machen will, aber es macht einfach keinen Spass die Stürmer da vorne verhungern zu sehen. Keine Mannschaft traut sich mehr bei so einem großen Turnier mit einem einfach 4-4-2 aufzulaufen, als sei es zu offensiv. Als bräuchte man unbedingt 5 Spieler im Mittelfeld die nach hinten arbeiten. Das setzt sich ja langsam auch bei Auswärtsspielen in der CL durch. Wären bei dieser WM einige Mannschaften ein bisschen "mutiger" aufgetreten, dann hätten wir bestimmt mehr Tore gesehen und v.a. mehr Überraschungen. Genau die Art von Fußball, die man immer Deutschland in die Schuhe schieben wollte tritt nun bei den meisten Nationen ein und dieser Minimalisten-Fußball ist irgendwie schwer zu ertragen. Klar will man bei so einem Turnier aufpassen und nicht das große Risiko eingehen, aber irgendwie fand ich diese WM sehr schwer anzusehen. Sie lebte ja am Ende eigentlich nur von der Finalrunden-Dramatik und das finde ich sehr schade.
Auch Einzelspieler haben bei dieser WM völlig an Bedeutung verloren. Für mich bleibt zwar klar, dass in den Vereinen und im Liga-Alltag genau die wieder den Unterschied machen werden, aber man hat bei diesem Turnier schön gesehen, was möglich ist, wenn man sich gegen solche Spieler richtig wehrt. Ein Ronaldo oder ein Messi sind einfach völlig untergegangen und genau das hat man halt auch diesem 4-5-1 zu verdanken, wo solche Spieler immer gedoppelt werden können. Es kam sehr gut raus, wie viel ein Mannschaftszusammenhalt ausmacht (siehe Uruguay) und es ist ja auch mal schön zu sehen, dass Spiele keine One-Man-Show sind.
So, das wars erstmal von mir, ihr könnt ja auch sehr gerne euer eigenes WM-Fazit stellen oder das meinige kritisieren und zermürben. Vielleicht fällt mir aber auch noch was ein, was ich hinzufügen könnte.
"Fußball ist wie Schach. Nur ohne Würfel."